Der Beal Escaper
12 März 2018

Test Beal Escaper

Wir haben das Abseilsystem Beal Escaper draußen am Fels zum ersten Mal ausprobiert - anbei unsere Eindrücke und Erfahrungen inkl. Video ...

Das Abseilsystem Beal Escaper am Felsen ausprobiert

Es war schon eine kleine Revolution, als im Sommer 2017 der renommierte Seilhersteller Beal ein Abseilsystem für ein Kletterseil (Seile ab einem Durchmesser von 7,3 mm werden vom Hersteller empfohlen) vorstellte, mit dem man die volle Seillänge abseilen kann - nach ca. 5-8 mal ziehen löst sich das System wie von Zauberhand von selbst und fällt mit dem Seil die Felswand hinunter. Wir haben damals auf der Outdoormesse ein Video (

) gemacht – dieses wurde rd. 20.000 mal aufgerufen, das Interesse an diesen Teil dürfte also groß sein.

Ende Dezember 2017 war es dann soweit, ein Serienmodell des Escaper wurde uns von Beal geschickt. Schon anhand der Gebrauchsanweisung - auf einem etwas über A3 großen Papier – lässt sich erahnen, dass man sich mit dem Teil doch etwas genauer beschäftigen muss. Wir haben aber trotzdem beschlossen, den Escaper ohne vorheriges ausprobieren bei unserem ersten Klettergartenbesuch der Saison zu testen.

Die Location ist der Klettergarten Grattenbergl in Kirchbichl (nahe Wörgl), die Tour ist die Aufwärmroute „Kante“ (6-), ca. 30 m hoch, bei der es am Ende eine Kette mit einem Abseilring gibt. Die Route ist plattig und die Wand legt sich oben etwas zurück. Den Standplatz würden wir als recht gut bezeichnen. Beim Klettern gibt es dort mit dem Seilabziehen recht selten ein Problem. Wir haben diesen Versuch gefilmt, den kompletten Film seht ihr unten.

Erster Fluchtversuch mit dem Escaper

Wir haben uns eine Petzl Connect Adjust (Standschlinge, damit man möglichst sicher hängt – Infos dazu gibt es hier...), ein zweites Seil (der Kletterpartner, der das Video gemacht hat, musste ja auch wieder hinunter) und den noch nie verwendeten Beal Escaper mitgenommen. So war alles angerichtet, um mit dem Versuch zu beginnen. Eines sei aber vorweg gesagt: Sich das erste Mal in den gefädelten Escaper zu hängen (ohne Sicherheitsknoten), bringt schon ein etwas mulmiges Gefühl mit sich und wir haben das Teil zumindest am Anfang immer genau beobachtet.

Das Durchfädeln im Standring und das Nachstecken des Seils im Bandschlingenmaterial ging eigentlich recht einfach. Am Ende schiebt man die Sache über die schwarze Markierung am blauen Seil und knüpft das Abseilseil in die dafür vorgesehene Schlinge. Dann hängt man das Abseilgerät ein (wir haben ein Grigri verwendet, da man damit am Einfachseil gut abseilen kann) und los geht es.

Beim Abseilvorgang an sich war kein merklicher Unterschied zu einer Verankerung des Seils zu merken und alles ging sehr gut. Unten sind wir sogar in eine leicht überhängende Wandzone gependelt, auch dabei war keinerlei Ruck oder ähnlich zu spüren. Der erste Teil der Aktion – Durchfädeln und Abseilen – ist also ganz gut gelaufen und wir haben den sicheren Boden problemlos erreicht.

Unten angekommen sind wir dann etwas von der Wand weggegangen, damit das Seil nicht so am Felsen scheuert (so weit dies in unserem Fall überhaupt zu verhindern war). Dann begann der mühsame Teil der Übung. Wir haben sehr, sehr oft am Seil gezogen, zwischenzeitlich sogar fast aufgegeben, dann endlich gab es einen kleine Ruck und das Seil kam inklusive Escaper herunter.

Der Beal Escaper
Die ungefähre Reihenfolge bei der Anwendung des Beal Escaper.
Das Einbinden des Seil in die Schlaufe (Bild aus dem Video).
Der Beal Escaper.
Die Hülle (mit Kurzanleitung) kann man an die Hand stecken.
Beim Durchfädeln durch den Ring (Bild aus dem Video).
Das Nachstecken durch das Bandmaterial (dabei sollte man keine Fehler machen).
Der Beginn des Abseilvorgangs  (Bild aus dem Video).
Das Abseilsystem Beal Escaper in einem Klebehaken.
Wichtige Punkte aus dem Manual - tief nach unten ziehen und das Seil dann komplett loslassen.
Kanten und Felsvorsprünge sind das Problem (können den Abziehvorgang auch komplett blockieren).
Mit Hülle wiegt der Escaper 122 Gramm, ohne Hülle 100 Gramm.

Was ist beim Escaper zu beachten?

Schon in der Gebrauchsanweisung wird in einer Grafik darauf hingewiesen - Achtung: Kanten, Buckel oder Felsvorsprünge können den Abziehvorgang blockieren. Das haben wir auch bei unserem Versuch recht eindrucksvoll gemerkt. Am Einfachsten geht es, wenn das Seil vom Abseilpunkt komplett frei herunter hängt (Aber wie oft hat man das schon in der Realität?). Fazit: Dort, wo das Seil beim Abseilen mit einem Doppelseil schwer zum Abziehen geht, wird es mit dem Escaper überhaupt nicht funktionieren.

Die Abziehtechnik könnte man vermutlich etwas perfektionieren. Wichtig: Weit nach unten ziehen und dann das Seil komplett loslassen (so steht es in der Gebrauchsanweisung). Das haben wir bei unserem Versuch nicht ganz korrekt gemacht, deshalb hat es vermutlich so lange gedauert. Fazit: Das korrekte Abziehen sollte man ein paarmal üben, bevor man den Escaper in einer großen Alpenwand im Notfall einsetzt.

Beim alpinen Klettern seilen in der Regel zwei Kletterer ab. Wenn sich der erste Kletterer abseilt wird unten ein Knoten in den Escaper gemacht (der erste Kletterer seilt immer mit Knoten ab!). So kann der Escaper nicht auslösen und der erste abseilende Kletterer kann das Seil entwirren und optimal hinlegen. Es ist zu empfehlen, dass der erste Kletterer unten gleich mal ein paar Abziehversuche macht. Dann sieht der Kletterpartner oben am Stand, ob der Escaper überhaupt funktioniert. Der untere Kletterer kann so etwas besser abschätzen, wie aufwändig der Abziehvorgang wird.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Escaper funktioniert. Man muss sich aber sehr genau mit dem Teil beschäftigen bevor man dieses in einer größeren Felswand einsetzt. Am besten, man nimmt den Escaper mit in den Klettergarten und probiert an verschiedenen Abseilständen aus, wie er sich abziehen lässt – denn das Abziehen ist aus unserer Sicht der Schlüssel des erfolgreichen Abseilens mit dem Escaper.

Für wen eignet sich der Escaper? Das Einsatzgebiet des Abseilsystems liegt primär beim erfahrenen Alpinisten. Wegen des geringen Gewichts kann man den Escaper für den Notfall mitnehmen – ohne vorher das Abseilsystem im Klettergarten sehr ausgiebig getestet zu haben, sollte man es aber nicht in alpinen Touren einsetzen. Für Bergführer, die mit Gästen Touren machen, bei denen man beim Abstieg abseilen muss - bei denen sie die Abseilstellen genau kennen – könnte der Escaper eine Hilfe sein (Bergführer seilt als letzter ab). Bei manchen Shops wird der Escaper auch für Canyoning und Freeridetouren empfohlen – wie sich das System aber bei vereistem Seil oder bei Nässe verhält, können wir nicht sagen.

Komplette Gebrauchsanweistung als PDF hier:Beal Escaper Manual

Pro und Contra Escaper

+ klein und leicht

+ solide verarbeitet und verpackt

+ einfach einzufädeln

+ verblüffendes Konzept

+ kann in Notfällen helfen

- Kanten und Vorsprünge sind problematisch

- Abziehvorgang vermutlich nicht immer ganz einfach

- Wie oft hat man wirklich eine optimale Abseilstelle?

- für den Einsteiger etwas zu komplex

Daten Beal Escaper

Gewicht: Mit Hülle 122 Gramm (ohne Hülle 100 Gramm)

Lieferumfang: Abseilsystem, Beutel, Gebrauchsanweisung

Preis: rd. 43 Euro

Webtipp: Beal

Video Erster Test Beal Escaper



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