Die Schweizer Firma Pomoca untersucht und testet Steigfelle zusammen mit der Universität Innsbruck.
Beim boomenden Skitourensport stehen der Ski und die Bindung extrem im Focus, den Steigfellen aber wird nur wenig Beachtung geschenkt. Meist sind diese beim Ski dabei bzw. nimmt man halt das, was einem der Händler im Set mit anbietet. Schon irgendwie eigenartig, denn bei einer Skitour stehen wir 80% der Zeit auf den Fellen und nur 20% der Zeit verbringen wir mit der Abfahrt.
Die Fellhersteller – es gibt neun Stück, fünf davon sind größere Unternehmen – beschäftigen sich natürlich damit, möglichst gute Produkte zu entwickeln, vor allem wenn sie im Rennsport bei den Skibergsteigern engagiert sind. In der Saison 14/15 haben Athleten mit Pomoca – ein Unternehmen der Oberalpgruppe (Salewa, Dynafit, Wildcoutry) – Fellen 10 von 10 möglichen Gold-Medaillen im Weltcup geholt. Wir durften etwas bei der Entwicklung an der Uni Innsbruck zuschauen und beim Felltest auf Schnee in Praxmar mit dabei sein.
Labortest im Technologiezentrum Ski- und Alpinsport der Uni Innsbruck
Grundlegend unterscheiden sich Steigfelle in zwei bekannte Felltypen, nämlich Mohair- bzw. Mixed-Felle. Mohair ist ein Fell aus Haarfasern der Angora-Ziege, bei Mixedfellen werden Kunstfasern (z.B. Nylon) benutzt. Je nach Fellhersteller werden die Fasern unterschiedlich bearbeitet bzw. zu einem Fell gewoben. Bei der Faser sind die Faktoren, Gewicht, Stollverhalten, geringe Wasseraufnahme und Haftung am Ski zu berücksichtigen.
Pomoca hat eine Entwicklungspartnerschaft mit dem Technologiezentrum Ski- und Alpinsport der Uni Innsbruck geschlossen. In der ersten Phase wurden die Gleiteigenschaften der Felle (auch von anderen Herstellern) untersucht und verglichen. Es wurden Race, Mohair und Mixedfelle untersucht, das Coating, die Haar bzw. Faserlänge und die Faseranordnung wurden angeschaut. Dafür stehen im Institut verschiedene Geräte zur Verfügung, diverse Klimakammern die gleichbleibende Minustemperaturen ermöglichen und sogar eine eigene Schneemaschine ist vorhanden.
Das Herzstück der Anlage ist aber das Tribometer. Eine lange Testbahn mit immer gleichem Kunstschnee in einem langen temperierten Raum auf der man bei Fellen den Reibungskoeffizient messen kann. Der Energieaufwand, der beim Aufstieg ein ernstzunehmender Faktor ist, erhöht sich klar bei Fellen mit einer hoher Reibung - man braucht man also mehr Kraft um schlussendlich auf dem Gipfel zu stehen.
Kleinster Reibungskoeffizient Race-Felle (Labortest)
1. Pomoca - Race 2.0
2. Pomoca - Race Pro Gripp
3. Countour - Race
Praxmar Snowtest
Am zweiten Tag ging es dann für die Besucher selber zur Sache, wir mussten die Felle auf vorgegebenen Parcours selber Testen, was gar nicht so einfach war. Interessanter Weise waren für uns die unterschiedlichen Gleiteigenschaften einfacher zu erkennen als Unterschiede beim Grip (also bergauf). Die Felle wurden in drei Kategorien Race, Mohair und Mix geteilt, man war immer rechts mit dem Testfell und links mit dem Referenzfell unterwegs, es gab vier paar Rennfelle und deutlich mehr Skitourenfelle zu vergleichen.
Die Ergebnisse wurden für jedes Fell in einen Bewertungsbogen eingetragen (in einer zehnstufigen Skala von 1=sehr schlecht bis 10=sehr gut), überraschend war für uns persönlich, dass man mit Rennfellen und dünnen Rennskiern eigentlich genauso gut bergauf steigt, aber deutlich besser gleitet. Beim Grip war „Grip“ und „Gripfeeling“ anzukreuzen, beim Gleiten war die Startphase (Kick), der Mittelteil (Mid Stride) und das Ausgleiten (Sliding Feeling) zu beurteilen, ganz unten wurde auch beim Gleiten eine „Overall“ Bewertung abgegeben.
Wir waren den ganzen Vormittag mit den Felltests beschäftigt und legten mit dem Blick auf die malerische Bergwelt um Praxmar auch einige Höhenmeter zurück. Ein vorbeikommender Bergführer, der unserem Treiben etwas Interesse schenkte meinte, dass es uns Journalisten vermutlich doch etwas an Erfahrung fehlt um Felle richtig bewerten zu können. Da es aber viele Testpersonen waren, die vermutlich den durchschnittlichen Skitourengeher gut widerspiegeln, ist das Ergebnis (zumindest bei den Nicht-Race-Fellen) sicher nicht ganz uninteressant.
Outdoor Test "overall glide feeling"
Race-Felle
1. Pomoca - Race Pro Grip
2. Pomoca - Race Pro 2.0
3. Golltex - PDG Black V3
Mohair-Felle
1. Kohla -Evolution
2. Pomoca - Climb Pro Mohair
3. Gecko - Standard
Mixed-Felle
1. Pomoca - Climb Pro S-Glide
2. Pomoca - Climb 2.0
3. Kohla - Peak MixMohair
Outdoor Test "grip felling"
Race-Felle
1. Pomoca - Race Pro Grip
2. Golltex - PDG Black V3
3. Contour - Race
Mohair-Felle
1. Contour - Guide
2. Kohla - Evolution 100% Mohair
3. Gecko - Standard
Mixed-Felle
1. Kohla - Peak MixMohair
2. Contour - Easy
3. Colltex - Mix
Dem Steigfell sollte man etwas mehr Beachtung schenken
Uns persönlich hat es vor allem eine Erkenntnis gebracht, man sollte sich vor dem Fellkauf zumindest etwas über das Fell informieren, denn auch bei Fellen des selben Materials kann es zu merklichenUnterschieden kommen - so bremste etwa im Versuch der Uni Innsbruck das schlechteste Mohair-Fell doppelt so stark wie das Beste!
Was man Pomoca hoch anrechnen muss ist die Tatsache, dass die Innsbrucker Wissenschaftler über ihre Erkenntnisse Artikel publizieren dürfen – somit kommen Teile dieser Fellforschung auch anderen Unternehmen zugute - und somit auch uns als Konsumenten.
Grafiken © TSA & POMOCA, Fotos: Willi Seebacher
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