Einige Gipfelsiege, einen „Jungfernflug“ mit dem Paragleiter, viele mühsame Aufstiege und die Begegnung mit dem Tod dreier Alpinisten einer anderen Seilschaft haben die 2 Südtiroler Alpinisten Aaron Durogati und Daniel Ladurner im argentinischen Teil Patagoniens hinter sichVor wenigen Tagen sind sie nach Hause zurückgekehrt und haben viel zu erzählen. Die Wintermonate gelten als die besten Reisemonate für Alpinisten, die eine Patagonien-Expedition planen: Das sind jene Monate, in denen man am ehesten mit stabilem Wetter rechnen kann. Dennoch: Die Verhältnisse in der bizarren Bergwelt Patagoniens waren doch widrig. „Die Temperaturen waren nicht außergewöhnlich tief, aber durch oft heftige Windböen war es wirklich kalt und ungemütlich. Teilweise waren sie so stark, dass wir nicht aufrecht gehen konnten und sogar einige Male zu Boden geworfen wurden“, berichtet Daniel Ladurner. Lawinengefahr sei eigentlich kein großes Thema zu dieser Jahreszeit sagt er, jedoch das unvorhersehbare Wetter. Beim Klettern waren stets Konzentration und genaue Technik gefragt. „Das Eis war hart und durch den starken Wind trocken und spröde, sowie der Fels oft mit Schnee und Eis überzogen“, sagt Ladurner.
Schon die Reise bis zum Fuß der Berge war ein Erlebnis: 3 Tage dauerte die Reise von Bozen bis ins Dorf El Chalten. Aber schon 2 Tage später gelang den 2 jungen Südtirolern der erste Gipfelsieg: Bei gutem Wetter, aber starkem Wind erreichten sie den 3002 Meter hohen Aguja Poincenot. Der Plan der beiden war es, zu versuchen, von einigen Gipfeln mit einem Tandemschirm ins Tal zu fliegen. „Die Wege sind lang und beschwerlich, da ist ein Flug ins Tal willkommen“, meint Durogati. „Am Poincenot gingen wir davon aus, dass ein Flug nicht möglich sein würde. Dennoch trugen wir den 2,4 Kilogramm schweren Schirm bei uns – das Wetter in Patagonien ist einfach unberechenbar“, erzählt Durogati.
Zugleich mit den Südtirolern waren auch andere Alpinisten in der Gegend unterwegs. „Tommaso Lamantia aus Mailand habe ich schon vorher gekannt, andere wie Mirco Grasso oder Edoardo Albrighi und Jacopo Zezza aus der Gegend von Mailand haben wir vor Ort kennengelernt“, erzählt Ladurner.
Gemeinsam mit Mirco Grasso bestiegen Durogati und Ladurner am 9. Jänner den Aguja Saint Exupery (2558 Meter) über die Route der Erstbesteiger, die „Via Italiana“. „Die Risse in den schwierigen Seillängen waren vereist, nass oder mit Schnee gefüllt“, erzählt Ladurner. Durogati wollte einen Flug ins Basislager versuchen, was ihm nach einiger Zeit sogar gelang – als wahrscheinlich erster Pilot, wie die Alpinisten glauben. Ladurner und Grasso seilten sich zum Einstieg ab und stiegen zum Zelt unterhalb des Gletschers ab, wo Durogati bereits mehrere Stunden wartete. Ihn quälte eine schmerzhafte Entzündung am Handgelenk, weshalb er sich in den darauffolgenden Tagen für eine einfachere Route entschied: Gemeinsam mit Tommaso Lamantia erkletterte er die Aguja de l`S. Die Schlüsselseillängen seilten sich die Beiden ab, dann schwebten sie im Tandemflug ins Tal. Ein weiterer Jungfernflug gelang gelang Durogati wenige Tage später vom Gipfel des Mojon Rojo (2170 Meter) – er bestieg den Gipfel im Alleingang und flog mit dem Paragleiter ins Tal.
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Ladurner startete in der Zwischenzeit mit Edoardo Albrighi und Jacopo Zezza einen Versuch am Cerro Fitz Roy (3405 Meter); sie mussten aber aufgrund schlechter Verhältnisse abbrechen. Bei einem weiteren Versuch am 18. Jänner erreichten die 3 und eine weitere italienische Seilschaft (Claudio Migliorini und Giampalo Calzà) spätabends den Gipfel. Die Verhältnisse waren im unteren Teil der „Franco-Argentina“-Route nicht so schlecht, dafür hatten sie im oberen Teil mit sehr viel Eis und Schnee in den Rissen zu kämpfen und mussten mehrmals zwischen Steigeisen und Kletterschuhen wechseln. „Am Gipfel entschieden wir uns für ein eiskaltes und windiges Biwak am Gipfel, da ein Abstieg nachts ohne die oberen Standplätze zu kennen sehr schwierig gewesen wäre“, erzählt Ladurner. Frühmorgens begannen sie mit dem Abseilen und kamen rasch voran.
Im Abstieg kreuzen sie eine Brasilianische Seilschaft, die sich noch im Aufstieg befand. Auch diese Seilschaft biwakierte am Passo Superior und startete 2 Tage zuvor mit den Italienern den Gipfelversuch. „Leider kehrten diese 2 Bergsteiger nie zurück“, sagt Ladurner. Eine Rettungsaktion mit einigen Mitgliedern der „Ragni di Lecco“ und dem russischen Extrembergsteiger Denis Urubko einige Tage später wurde aufgrund des schlechten Wetters nach dem „Passo Superior“ abgebrochen. „Wieder einige Tage später konnten die leblosen Körper im Bereich der ,La Silla', einem Eisgrat unterhalb der schwierigen Seillängen, geortet werden wo sie warscheinlich aufgrund der widrigen bedingungen erfrohren sind“, berichtet Ladurner. Ein tschechischer Bergsteiger, der mit seinem Begleiter ebenfalls an diesem Tag in der Route unterwegs war starb an Unterkühlung beim Abseilen. „Diese Begegnung mit dem fatalen Schicksal anderer Alpinisten auf der eigenen Route zeigt klar, welche Gewalt die Natur hat“, meint Ladurner nachdenklich.
Text: Ulrike Huber -Dolomiten
"Es war einer der technisch schwierigsten Starts, die ich je gemacht habe, von einem kleinen, etwa 3 Meter breiten Band, gefolgt von einer riesigen Leere. So ein Flug nach einem 15-stündigen Aufstieg von einem Berg dieses Kalibers ist etwas Außergewöhnliches, denn in Patagonien braucht man verdammt viel Glück, um die richtigen Bedingungen für das Fliegen zu finden, und ich bin sehr froh, dass ich nach so vielen Stunden klettern immer noch genug konzentriert war, um von diesem exponierten Ort aus starten zu können, denn hier darf man einfach keinen Fehler leisten!" meint Aaron Durogati Flug von der Aguja Saint Exupery.