Eine Reise zum Ursprung
Einige Wochen zuvor hatte Ortovox Marketingchef Hendrik Sebastian in sein Büro gerufen: „Wastl, Bock auf Tasmanien?“ Mit breitem Grinsen und funkelnden Augen erzählte Hendrik ihm von der Einladung des australischen Partners in Sachen Merinowolle. Sie sollten die Farmer kennenlernen, ihre Arbeitsbedingungen, die Tiere in ihrem natürlichen, weitläufigem Umfeld sehen und vor allem: sich von der einzigartigen Schönheit Tasmaniens überzeugen.
Kurze Zeit später saßen Hendrik, PR-Managerin Martina, Grafiker Sebastian zusammen mit Fotograf Franz und dem Drohnenbeauftragten Markus am Flughafen. Der Plan: Ein knapp zweiwöchiger Roadtrip durch das Land des tasmanischen Teufels. Angefangen von den Besuchen der Scharffarmen Montecute, Rothamy, Lewisham und Ashby bis zum Fotoshooting inklusive Klettern in den schönsten Teilen Tasmaniens Wildnis. So startet die fünfköpfige Crew vollgepackt mit Kameraausrütung, Kletterequipment und voller Vorfreude in ein ihnen unbekanntes Land, das mehr Schafe als Einwohner hat.
Schafe, Menschen, Einsamkeit - ein Roadtrip beginnt
Nach über 26 Stunden Flug landet die ORTOVOX Mannschaft in der Hauptstadt Tasmaniens: Hobart. Hier lebt fast die Hälfte der rund 500.000 Einwohner. Die kleine Stadt an der Flussmündung des Derwent Rivers im Süden von Tasmanien ist gezeichnet von viktorianischen Gebäuden um den fjordähnlichen Hafen und erinnert stark an die Kolonialzeit.
Leicht erschöpft angekommen, den luxuriösen Riesen-Camper abgeholt, kann der Roadtrip für das fünfköpfige Team beginnen: Auf der Montecute Farm empfangen die beiden Farmer Richard und James, die in der fünften Generation die Farm betreiben, die Crew. Über 25.000 Merinoschafe leben auf über 8000 Hektar Land. Eine beeindruckende Weite und unbegrenzte Freiheit sind nicht nur für die Tiere spürbar. Es herrscht ein Leben, dessen Spielregeln nur von der Natur bestimmt werden. Der Tag beginnt mit den ersten Sonnenstrahlen und endet mit den letzten.
Von den Schafherden, den Ställen, dem Zusammenleben bis hin zur Motorcross-Tour und dem gemeinsamen Abendessen: Sie werden nicht als Gäste behandelt, vielmehr dürfen sie als Teil der Familie die Tage auf der Farm verbringen.
Zwei Tage, eine Drohnen-Baum-Kollision und ein Loch im Wohnmobil-Dach später, geht die Reise weiter: Die Rothamy, Luisham und Ashby Farm stehen auf der Liste. Auf jeder der Farmen spüren Martina, Hendrik, Sebastian, Franz und Markus die Herzlichkeit der Menschen, das Miteinander zwischen Mensch und Tier und das Gefühl der Zufriedenheit.
Warum sich in Tasmanien die Merinoschafe am wohlsten fühlen – und damit auch die beste Wolle liefern – liegt an der vielfältigen Landschaftsform und dem Klima. Von schneebedeckten Bergen, Moorlandschaften bis zu saftigen Heidelandschaften bietet Tasmanien einer Vielzahl an ungewöhnlichsten Tier- und Pflanzenarten einen perfekten Lebensraum. Für die Schafe ist der östliche Teil der Insel perfekt: proteinreiche Nahrungsquellen und mäßige Temperaturen.
Klettergebiete in Tasmanien
Kaputter Wassertank, Loch im Dach: Welcher ORTOVOX Mitarbeiter für was verantwortlich war, ist bis heute unklar. Doch davon ließen Hendrik, Martina, Sebastian, Franz und Markus sich nicht aufhalten: Nach fünf Tagen in wohlbehüteter Umgebung ist die Sehnsucht nach schroffen Felsen und wilden Klettereien groß. Totem Pole – das ist wohl das erste was (Nicht-)Kletterern beim Stichwort Tasmanien einfällt. Eine riesige Felsnadel, die aus dem Meer empor schießt.
Doch Tasmanien hat weitaus mehr zu bieten: Von verlassenen, alpinen Klettertouren an schwarzen Seen, endlosen Klippen direkt am Meer bis zu gut eingebohrte Granitklettereien an rotem Fels. Die Kletterer Hendrik und Sebastian sind sich schnell einig: Zuerst soll der Roadtrip nach Ben Lomond in den Nord-Osten Tasmaniens gehen. Dann weiter Richtung Westen in die Tyndall Range und zum Schluss noch ein kurzer Stopp in Bare Rock.
Klettern in Ben Lomond
Das Klettergebiet Ben Lomond befindet sich im knapp 200 Quadratkilometer großen Nationalpark. Der Gebirgsstock zeichnet sich durch bizarre Felsformationen sowie rostrotes Dolorit aus. Dolorit ist ein subvulkanisches Ganggestein und härter als Granit. Von Hobart ist das Klettergebiet etwa drei bis vier Stunden entfernt und gilt als eines der besten Alpin- und Tradklettergebiete in Tasmanien. Besonders die Riss-Klettereien sind hier bekannt – also Friends nicht vergessen! Beste Zeit zum Klettern: Dezember bis März.
Klettern in Tyndall Range
Die Tyndall Range liegt im Westen Tasmaniens und ist geprägt von einer Vielzahl beeindruckender Gletscher Seen. Die Gesteinsart ist Konglomerat: ein grobkörniges Gestein. Von Flüssen transportierte und rund geschliffene Steine bilden mächtige Kiesablagerungen, die von andere Schichten zusammengepresst wurden. Unter dem Druck entstehen felsartige Konglomerate an denen sich, wie an der Tyndall Range, hervorragend klettern lässt. Innerhalb von vier Stunden kann die Tyndall Rage mit ihren 300 Meter langen Touren von Hobart erreicht werden. Besonders sind hier die einsamen, abgelegenen und ausgesetzten Klettertouren hoch über den Seen. Beste Zeit zum Klettern: Dezember bis März.
Klettern in Bare Rock
Bare Rock ist eine 200 Meter hohe und schwarz-orangene Felswand etwa drei Kilometer südlich von Fingal. In den letzten Jahren hat sich das Gebiet zu einem beliebten Ziel unter Kletterern entwickelt. Hier gibt es sehr steile und überhängende Klettereien. Neben unzähligen Sportkletterrouten bietet Bare Rock auch traditionelle Mehrseillängen. Außerdem ist das Dolorit-Gestein von bester Qualität. Innerhalb von zwei bis drei Stunden kann das Gebiet von Hobart erreicht werden. Beste Zeit zum Klettern: Februar bis Juli (Im Frühling gesperrt).
In Ben Lomond angekommen, stehen Hendrik, Sebastian, Franz und Markus vor bis zu 200 Meter hohen Wänden aus rostrotem Doloritgestein. Bedrohlich ziehen sich die endlosen Hand- und Fingerrisse aneinandergereiht in die Höhe. Kein Wunder, dass Ben Lomond im Nord-Osten Tasmaniens zu den Rissklettergebieten Nummer eins gehört. Mit Ehrfrucht und Respekt blicken Hendrik und Sebastian auf die erste Route. „Moderat anfangen“, sagt Sebastian. Hendrik nickt. Ein Gedanke, der sich bei den anspruchsvollen Touren und dem immer schlechter werdenden Wetter als gute Entscheidung erweist.
Am zweiten Tag erkunden Hendrik, Sebastian, Martina, Fotograf Franz und Filmer Markus die Gegend. Hier im Osten Tasmaniens ist die Landschaft etwas sanfter, das Klima milder. Im Westen hingegen sind die Felsen wilder, die Natur rauer und die Orte noch dünner besiedelt.
Über sieben Stunden fahren sie zum zweiten Sport, der Tyndall Range. Vorbei an Orten wie Interlaken und Flintstone, der Little Pine Lagoon und dem Lake King William durch einen immer dichter werdenden Dschungel in das einstige Zentrum des tasmanischen Bergbaus. Die Straßen sind leer, die Häuser verlassen. Es ist das Ender der Welt. Felslandschaften, Flechten, Zwergsträucher und Schuttpflanzen dominieren die Gegend um die Tyndall Range. Am frühen Abend kommt die Ortovox Crew an einem Parkplatz im Nirgendwo an. Hendrik und Franz wollen die Location checken und in einer Höhle warten. Ein gemütliches Biwak mit Wein und Pasta. Sebastian und Markus sollen Nachkommen. So die Idee.
Es dämmert bereits als Hendrik und Franz sich nach zwei Stunden kurze Rast machen. An ihren Beinen haben sich 10, vielleicht auch 20, Blutegel festgebissen. Sie kämpfen sich weiter durch den Dschungel. Jeder Schritt wird anstrengender und die Dunkelheit bedrohlich. Am Biwakplatz, einer ungemütlichen kalten, tropfenden Höhle, angekommen, ist aus dem leichten Nieselregen ein Schauer geworden. Zwei Stunden später sitzen Hendrik und Franz nebeneinander gekauert in der Höhle. Keine Spur von Sebastian und Markus, die den Gaskocher und den Wein im Rucksack tragen. Nach Lichtsignalen, Rufen und Suchen geben Hendrik und Franz auf – die beiden werden sich wohl im Regen einen anderen Unterschlupf gesucht haben. Erschöpft schlafen beide ein.
Als die ersten Sonnenstrahlen die Höhle erreichen stehen Sebastian und Markus plötzlich da: Mit Schlamm überzogen, müde und erschöpft. Sie hatten in der Dunkelheit die Höhle nicht gefunden und ein Not-Biwak gemacht. Zeit zum Ausruhen bleibt keine: Die Sonne geht auf und der Fels ruft.
An den Klippen angekommen, eröffnet sich unter ihnen eine 300 Meter tiefe Felswand vor einem fast tiefschwarzen See. Die Kletterrouten sind luftig, ausgesetzt und an bestem Konglomerat. „How Hard Can It Be?“ ist eine 165 Meter lange Route im siebten bis achten Grad, die Hendrik und Sebastian klettern wollen. Sie seilen sich ab, Franz platziert sich zum Fotografieren, Markus hält die Drohne bereit. Der Ort wirkt surreal: Hendrik und Sebastian klettern 300 Meter über einem dunkelgrünen, fast schwarzen See – umringt von bestem, massivsten Fels und endlosen Dschungel. Die beiden genießen jeden Zug, jede Bewegung und jeden Blick nach unten. Sie klettern in der Abgeschiedenheit Tasmaniens. Keine Seilschaft vor, keine hinter ihnen. Nur die Bohrhaken verraten, dass hier schon vor ihnen jemand gewesen sein muss.
Nach der Klettertour sitzen sie auf einer Felsnase am Abgrund, blicken in die Ferne und schweigen. Der Sonnenuntergang, der Ausblick und die Einsamkeit der tasmanischen Wildnis: Hier braucht es keine Worte.
Das Video zum Roadtrip