Jacopo Larcher in "Tribe" (c) Paolo Sartori
04 April 2019

Tribe

Jacopo Larcher eröffnet mit Tribe die vielleicht schwierigste Trad-Route der Welt und gibt uns dazu ein Interview

Vor sechs Jahren entdeckte der in Bludenz lebende Südtiroler in Cardarese die rd. 25 Meter hohe Linie, putzte sie und versuchte sich an ihr. Sie war ihm viel zu schwer, doch Jacopo, der inzwischen Route wie La Rambla (9a+) und (8c trad) klettern konnte, ließ nicht locker und konnte nach rd. 50 Projekttagen am 21.3.2019  alle Züge von Tribe aneinanderreihen.


Jacopo, herzlichen Glückwunsch zu dieser Route. Was hat dich nach so langer Projektphase schlussendlich zum Erfolg (Durchstieg) geführt?

Das weiß ich eigentlich auch nicht so genau, vielleicht waren es einfach die guten Bedingungen. In Carderese ist es sonst eigentlich recht feucht und es regnet viel, doch der schneearme Winter in Italien, hat hier zu Beginn des Frühjahres trockene Bedingungen gesorgt. Bis zwei Wochen vor dem Durchstieg konnte ich dann die zweite Boulderstelle noch gar nicht klettern.

Du möchtest Tribe nicht bewerten, meinst aber, dass sie deine bisher schwerste Route überhaupt sei. Damit wird sie aber gleich als schwerste Trad-Route der Welt gehandelt. Wie siehst du das?

Ich habe mich mit diesen 25 Metern, so lange und intensiv auseinandergesetzt, dass dich dieses Erlebnis nicht einfach hinter eine Nummer stellen möchte. Auch gewöhnt sich, wenn man eine Route so lange wie ich projektiert an die Belastungen, was eine Bewertung schwierig macht.

Cardarese gilt ja als der Top-Riss-Trad Kletterspot in Italien bzw. in Europa. Was ist Tribe für eine Kletterei?

Nach einem 7a-Beginn (ca. 15 Meter) kommt man zu den zwei Schlüsselstellen. Die ich bisher nie klettern konnte. Dort hat es extrem pressige Boulderzüge an Auflegern und Leisten.

In diesem Schwierigkeitsgrad klettert jeder an oder weit über seiner Sturzgrenze. Tribe ist als Trad-Route nur mit mobilen Sicherungsmitteln (Cams u. Keilen) gesichert. Wie gefährlich ist die Route und gewöhnt man sich nicht mit der Zeit an das Stürzen in Cams und Keile?

Die Route ist eigentlich nicht so gefährlich. Im ersten Teil der Route der so 7a/7a+  ist, darf man allerdings nicht stürzen. Die erste nicht 100%tige Sicherung hat man nach 5 Metern und von dort klettert man wackelig zu einem Nohand-Rest, wo man die erste Bomben-Sicherung anbringen kann. Die beiden Schlüsselstellen sind eigentlich recht gut abgesichert, aber man kann auch hier weit stürzen. Deshalb habe ich auch die Route immer im Topo-Rope projektiert.


Hast du alle Sicherungen immer wieder neu gelegt, oder wurden die belassen?

Bei meinen Vorstiegsversuchen habe ich die Sicherungen immer neu gelegt und danach wieder entfernt.

Jacopo Larcher in "Tribe" (c) Paolo Sartori
Jacopo Larcher in "Tribe" (c) Paolo Sartori
Jacopo Larcher in "Tribe" (c) Paolo Sartori
Jacopo Larcher

Was fasziniert dich am Trad-Climbing, das ja in den letzten Jahren ein Revival erlebt?

Es ist vielleicht die Kreativität, die man braucht, um eine Route auch sicherungstechnisch zu überlisten. Ich muss mich mit einer Trad-Route viel intensiver beschäftigen als mit einer klassischen Sportkletterroute, wo es nur um die Schwierigkeit geht.

Dein Hauptberuf ist ja das Routensetzten, wo man ja hauptsächlich in Hallen arbeitet. Wie hält das jemand wie du, der so gerne draußen ist aus?

Mir gefällt am Routensätzen auch dieses extrem kreative Element und nach ein paar Tagen in der Halle bin ich für meine Projekte in der Natur noch motivierter:-)

Was sind den deine nächsten Projekte?

Oh, da gibt es für dieses Jahr eine ganze Liste. Im Mai geht es mit mit Babsi gemeinsam wieder in Valley, um am El Cap die Nose rotpunkt klettern, im Juni mit meinem Sponsor The North Face nach Peru. Im September fahre ich dann in die Grenzregion Indien/Pakistan, mit dem Ziel einer Big-Wall-Erstbegehung.

Herzlichen Dank, Jacopo, für das Interview!


Jacopo Larcher

Wurde am am 13. Oktober 1989 in Meran, Südtirol, geboren, ist in Bozen aufgewachsen und lebt gemeinsam mit Barbara Zangerl in Bludenz. Mit Elf startete er die ersten Kletterschritte. Zwei Jahre später nahm Jacopo bereits an seinem ersten Wettkampf teil und wurde gleich Zweiter. Danach wurde er drei Mal italienischer Jugendmeister, drei Mal Gewinner des nationalen Lead- und Bouldercups der Jugend und 2010 schließlich italienischer Meister im Bouldern.

2011 beendete er seine Plastik-Wettkampfkarriere und widmete sich voll und ganz dem Felsklettern zu widmen. Seine Highlights: Prinzip Hoffnung (8b/+, E9/10, Bürser Platte, 2014), Psychogramm (8b+ trad, Bürser Platte, 2015) Lapoterapia (8c trad, Osso, 2015), Rhapsody (E11 7a, Dumbarton, 2016), La Rambla (9a+, Siurana, 2017), Gondo Crack (8c trad, Cippo, 2017).

Jacopo lebt vom Routensetzen und liebt neben dem Klettern auch Fotografieren, Skifahren und KaffeeJ

Unterstützt wird Jacopo von The North Face, La Sportiva, Black Diamond, Sterling Ropes, FrictionLabs.

 https://www.jacopolarcher.com