Colin Haley in der Spigolo dei Bimbi in der Nordwand der Punta Herron
28 Januar 2008

Torre Traverse vollendet

Rolando Garibotti und Colin Haley klettern die Torre Überschreitung und lösen damit eines der größten noch offenen alpinistischen Probleme, die Verbindung von Aguja Standhardt, Punta Herron, Torre Egger und Cerro Torre, im Alpinstil...

Die patagonischen Torres sind ein Mythos bei den extremsten Alpinisten, viele sind schon froh, den Hauptgipfel (Cerro Torre) zu erreichen. Die Kombination aller vier Gipfel blieb bis jetzt ein Traum. Die Traverse über die vier Torres war eine Idee der Italiener Andrea Sarchi, Maurizio Giarolli, Elio Orlandi und Ermanno Salvaterra. Sie versuchten die Überschreitung bereits in den 80er und 90er Jahren, damals konnten sie jedoch "nur" die Punta Herron erstbesteigen.

Neue Versuche

Im Frühjahr 2005 gelang Thomas Huber gemeinsam mit Andi Schnarf die Überschreitung Torre Standhardt – Torre Egger, wobei sie ursprünglich nur den Standardt machen wollten und dann bei guten Bedingungen gleich zum Egger weiterkletterten. In der gleichen Saison, schlossen Salvaterra gemeinsam mit Alessandro Beltrami und Rolando Garibotti das letzte noch nicht gekletterte Teilstück der Überschreitung - "El Arca de los Vientos" vom Col the Conquest auf den Gipfel des Cerro Torre. 2006 versuchten es Salvaterra, Beltrami und Garibotti erneut. Ende 2007 war es wieder Salvaterra, diesmal gemeinsam mit Beltrami, Mirko Masse und Fabio Salvodei. Sie schafften Torre Standardt, Punta Herron und Terro Egger, doch scheiterten am Finale, dem Cerro Torre. Zeitgleich versuchten Garibotti und der Amerikaner Hans Johnstone, Herron und Egger und scheiterten auch am Cerro Torre.

Entscheidendes Schönwetterfenster

Garibotti, der nun alle Teilstücke kannte, beschloss zu bleiben, um einen erneuten Versuch zu starten. Er schloss sich mit unterschiedlichen Partnern, wie Bruce Miller oder Bean Bowers zusammen, doch erst als er sich mit Colin Haley verbündete, öffnete sich das entscheidende Schönwetterfenster. Mitte Jänner kamen dann auch Alex und Thomas Huber nach Chalten, um gemeinsam mit Stephan Siegrist die Überschreitung zu versuchen. Am 21.1. starteten Garibotti und Haley ihren Versuch. Die Huberbuam und Stephan beschlossen, auf noch bessere Bedingungen zu warten. Garibotti und Haley kletterten über die "Exocet" auf den Standhardt und erreichten zu Mittag bereits den Gipfel. Nach dem Abseilen ins Col dei Sogni ging es über die "Spigolo dei Bimbi" auf die Punta Herron, wo sie jedoch durch vereisten Fels aufgehalten wurden und unter den Gipfeleispilz biwakierten. Am 22.1. ging es bei perfektem Wetter über den Torre Egger zum Cerro Torre, wobei sie auch in der Nordwand des Egger, wie bereits am Herron wegen Vereisung von der Route abweichen mussten. Das warme Wetter und der damit verbundene Eisschlag zwang das Team am "Col the Conquest" vor den Cerro Torre zu einem weiteren Biwak.

Schwierigste Verhältnisse

Am nächsten Tag war die „El Arca de los Vientos“ in einem schlechten Zustand. Sie mussten die Risse erst vom Eis befreien und einen Bolt setzen, um daran einen Eispilz zu umgehen. Um 17 Uhr erreichten sie das Ende der Nordwand und kletterten über die Ferrari Route Richtung Gipfel. Vor der letzten Länge, die ihre Versuche sich ungesichert durch den senkrechten Gipfelpilz zu graben, abschmätterte, mussten sie noch ein letztes Mal direkt unter dem Gipfel des Cerro Torre biwakieren. Am Morgen des 24.1. grub sich Haley in drei Stunden die letzten 20 m im Gipfelpilz empor. Zu Mittag standen die beiden dann auf dem Cerro Torre und hatten die wohl großartigste und schwierigste Überschreitung auf dieser Erde hinter sich.

Strategie und Wetter

Das Erfolgsgeheimnis bei dieser Unternehmung liegt laut Garibotti weniger im Meistern der Schwierigkeiten, die "nur" bei UIAA 8, A1 liegen, oder (abgesehen von der letzten Ferrari Länge) in der psychischen Stärke, sondern in der richtigen Strategie und gutem Wetter. Ein großer Dank geht an “il Maestro,” Ermanno Salvaterra, für die Idee, die Inspiration und die 20 jährige Ausdauer, den richtigen Weg zu finden.

Rolando Garibotti, 36, kommt aus Argentinien, lebt in Colorado und ist einer der versiertesten Patagonien-Kletterer.

Colin Haley , 23, lebt in Washington und war vor dieser Saison bereits zweimal in Patagonien erfolgreich.

Colin Haley in der Spigolo dei Bimbi in der Nordwand der Punta Herron
Haley in der vereisten El Arca de los Vientos in der Nordwand des  Cerro Torre
Haley in der letzten SL der Ferrari Route. Er brauchte am 23.1. und 24. 1 vier Stunden, um sich durch den Eispilz zu graben.
Garibotti und Haley am Gipfel des Cerro Torre
Die Torre Traverse v. r. n. l. : Aufstieg Standhardt, Route Exocet, Abstieg Col die Sogni. Aufstieg Punta Herron, Spigolo dei Bimbi. Absteig Col de Lux. Aufstieg Torre Egger, Huber-Schnarf. Abstieg Col of Conquest. Aufsteig Cerro Torre, El Arca de los Ven

Die Torre Traverse

Erstbegehung am 21.-24. 1. 2008, Rolando Garibotti und Colin Haley.

Route: Aufstieg Torre Standhardt (2730 m) über Route "Exocet", Abstieg ins Col die Sogni. Aufstieg Punta Herron, über "Spigolo dei Bimbi". Absteig ins Col de Lux. Aufstieg Torre Egger (2.980 m) über "Huber-Schnarf". Abstieg ins Col of Conquest. Aufsteig Cerro Torre (3.133 m) über "El Arca de los Ventos" und "Ferrari" Routen. Abstieg über die "Kompressor Route". Quellen: Rolando Garibotti, climbing.com

Gesichter der Torre Traverse Erbstbegeung von Roloando Garibotti