Mein Freund Peter und ich wollten eigentlich die Mixedroute „Ironman“ wiederholen gehen. Da in dieser die Verhältnisse aber nicht passten, beschlossen wir nach Kolfuschg zu fahren, um zu schauen, wie dort die Eisfälle stehen. Als wir unterwegs zum Grödnerjoch waren, fiel mir sofort eine schöne Eisformation an der Kleinen Rodelheilspitze auf. Ich blieb sofort stehen und schaute mir alles mit dem Fernglas genauer an. Mein Gefühl sagte mir, das ist's was ich immer gesucht habe. Den Berg kannte ich schon gut von früher, weil ich viele Jahre zuvor im Sommer dort schon einige schöne Kletterrouten wiederholt habe.
Doch nun fuhren wir trotzdem nach Kolfuschg, um zu schauen. Da dort einige Fälle gut dastanden, wollte Peter einen von ihnen klettern, doch ich sagte zu ihm "Peter die machen wir ein anderes Mal, gehe bitte heute mit mir zur Rodelheilspitze die Linie genauer anschauen, denn sonst kann ich heute Nacht nicht schlafen." So fein wie Peter immer ist, hatte ich ihn sofort überredet und wir fuhren wieder zum Grödnerjoch hoch.
Dort nahmen wir dann alles, was wir zu einer Erstbegehung brauchten mit und stiegen mit schweren Rucksäcken, die uns unsere Schneeschuhe tief in den frischen hohen Neuschnee drückten, hoch bis unter die Wand. Dort angekommen, verstand ich schnell genau, das ist die Linie.
Voll motiviert stiegen wir in die Wand ein und erreichten an diesem inzwischen verspäteten Tag das Eis oberhalb des Überhangs in der 2. Seillänge. Erst im Finstern seilten wir ab und waren mit dem erreichten vollauf zufrieden.
Ich musste dann noch ein zweites Mal mit Peter und ein drittes Mal mit Igor in die Route um sie fertigzustellen. Jedes Mal waren es um viele Minusgrade kälter. Als alles eingerichtet war, kam dann der Tag der 1.Wiederholung. Es war ein sehr kalter Tag, -9 Grad und dazu noch windig, eigentlich der richtige Tag für die warme Stube. Doch die Kälte konnte uns nicht aufhalten, unser Drang zur 1. Wiederholung war einfach zu groß.
In der 2.Seillänge am Überhang musste ich mich dann der Kälte und der Kraftlosigkeit beugen. Peter ließ mich wieder hinab bis zum Stand, zog das Seil aus und ich startete nochmals im zweiten Versuch im Pink Point-Stil. Diesmal war ich aufgewärmter und daher viel beweglicher, und so gelang mir der freie Durchstieg. War zwar sehr glücklich darüber, doch ich wusste vom einrichten her, dass die letzte Seillänge auch noch richtig schwer wird.
Doch die restlichen zwei Seillängen gingen dann sehr gut und wir konnten sie sofort im ersten Versuch Rotpunkt durchsteigen.
Spät abends hatten wir es dann geschafft, fühlten uns zwar an wie zwei Tiefgefrorene vom Kühlfach, aber wir waren überglücklich und zufrieden alle Seillängen frei durchgestiegen zu haben.
Text: Markus Huber