43 Tourengeher, davon 10 Tourenführer waren im Gänsemarsch unterwegs - bei der Abfahrt traten sie ein Schneebrett los.
Die Alpenvereinsgruppe unternahm am vergangenen Samstag die Tour auf den 2.036 Meter hohen Leobner im Gesäuse bei Lawinenwarnstufe drei (= erhebliche Gefahr!).
Die gesamte Alpenvereinsgruppe (43 Personen) marschierte sehr dicht hintereinander, im Gänsemarsch erreichten sie schließlich auch den Gipfel. Entlastungsabstände wurden nicht eingehalten, über eine Teilung der Gruppe hat sich von den Tourenführern auch keiner Gedanken gemacht. Bei der Abfahrt dann ein ähnliches Bild, mehr als 40 Tourengeher unterwegs, dicht beieinander und ohne die nötigen Sicherheitsabstände. Dann passierte das fast schon Vorhersehbare, die riesige Gruppe löste im oberen Hangteil eine Lawine aus! Die Gruppe hatte aber unwahrscheinliches Glück, dass wie durch ein Wunder niemand verschüttet wurde.
Beobachtet und fotografiert wurde die Gruppe beim Aufstieg und bei der Abfahrt vom staatlich geprüften Berg- und Skiführer Paul Sodamin aus Trieben, der die Tourenführung scharf kritisiert: „Es ist leider nicht das erste Mal, dass große Gruppen bei angespannten Schneebedingungen so gehen und fahren, das ist leichtsinning und nur durch großes Glück ist niemand verletzt worden.“
Bilderdokumentation und Kommentare von Paul Sodamin
Reaktion des Alpenvereins
Michael Larcher, Leiter der Abteilung Bergsport beim Alpenverein gibt sich schuldbewußt: „Es ist ganz klar, dass hier Fehler begangen wurden – an den Pranger stellen möchten wir die Sektion trotzdem nicht. Die betroffenen 10 Tourenführer gestehen ein, dass eine Aufteilung der Teilnehmer auf Kleingruppen notwendig gewesen wäre. Auch die Einhaltung der empfohlenen Sicherheitsabstände (10 Meter bei Hangneigungen über 30 Grad) wäre in diesem Fall richtig gewesen.“
Ganz klar spricht sich der Alpenverein gegen Massenveranstaltungen am Berg aus: „Auch wenn gerade alle heiß auf Schnee sind: Kleine Gruppen sind auf Skitouren nachweislich einem geringeren Risiko ausgesetzt. Daher empfiehlt der Alpenverein bei Führungstouren eine Obergrenze von acht Teilnehmern. In größeren Gruppen droht das Chaos durch erschwerte Kommunikation, fehlende Übersicht und zunehmende Trägheit. Doch es geht nicht nur um Sicherheit: Auch das Naturerlebnis leidet, wenn man sich zu Dutzenden auf die selbe Tour begibt“, betont Michael Larcher.
Einer kritischen Auseinandersetzung mit Fehlern am Berg steht Österreichs größter Alpinverein sehr offen gegenüber. „Bedenklich finden wir es allerdings, wenn diese Aufarbeitung zuallererst über die sozialen Medien passiert – was jede differenzierte Betrachtung bereits im Keim erstickt“, so Michael Larcher.
„Menschen machen Fehler, wie die Vorfälle in diesem Winter dramatisch gezeigt haben. Im aktuellen Fall ist glücklicherweise nichts passiert. Wir können nur alles in unserer Macht stehende tun, um Tourengeher und Bergsteiger entsprechend auszubilden, und unsere Sicherheitsstandards immer wieder in Erinnerung zu rufen“, so der Alpenvereins-Experte abschließend.
Strafverfahren
Obwohl niemand verletzt wurde, droht den ehrenamtlichen Tourenführern nun ein Strafverfahren wegen Gemeingefährdung. Die Alpinpolizei in der Steiermark hat bereits mit den Ermittlungen begonnen.
Webtipps:
Paul-Sodamin.at | Bergführer, Bergsteiger, Alpinist, Bergretter