Präzedenzfall – Unfall in der Dachstein Südwand
Ein Kletterer gewinnt einen jahrelangen Rechtsstreit mit seiner Unfallversicherung, die nach einem Kletterunfall nicht zahlen wollte. Die Sache ging bis vor den Obersten Gerichtshof und fand dort ein Happy End für den Betroffenen und alle anderen Kletterer(Innen) mit Unfall- oder Lebensversicherungen.
Versichern beruhigt im Fall der Fälle
Ein Kletterer hatte im Jahr 2000 über einen Versicherungsmakler eine Einzelunfallversicherung abgeschlossen, jedoch ohne das mögliche Zusatzpaket „Mitversicherung Sonderrisiko (z.B. Drachenfliegen, Paragleiten, Ballonfahren, Hängegleiten, Gleitschirmspringen)" zu wählen. Die Sportarten „Klettern oder Extremklettern" waren im Antragsformular nicht angeführt und der Begriff „Sonderrisiko" nicht weiter definiert.
Absturz in der Dachstein Südwand
Am 19.8.2002 stürtzte der Kletterer auf einer Route der Schwierigkeitsstufe 5 + bis 6 ins Seil und brach sie dabei das Bein. Der damit einhergehende Grad der Invalidität betrug 10 % des Beinwertes.
Bei der Versicherung vom Regen in die Traufe
Als der Kletterer dann seiner Versicherung den Schaden meldete, wollte die Versicherung nicht zahlen und die Sache ging vor Gericht.
Die Versicherung war der Meinung, dass Verletzungen bei jenen Sportarten, die mit besonderen Gefahren verbunden sind nur über die zusätzliche Rubrik "Mitversicherung Sonderrisiko“ abzudecken sind. Die Sportart "Klettern" war in dieser Rubrik aber nicht erfasst. Darüber hinaus hätte ihr der Kläger bei Vertragsabschluss sein Hobby verschwiegen. Denn, hätte sie gewusst, dass ihr Vertragspartner ein "Extremkletterer" sei, so hätte sie diesen Vertrag sicher nicht so angenommen.
Die Versicherung meinte, dass Klettern im Schwierigkeitsgrad von 5+ bis 6 jedenfalls eine mit besonderen Gefahren verbundene Sportart ist und daher auch mit den unter Sonderrisiko gelisteten Sportarten wie Paragleiten, Drachenfliegen oder Ballonfahren zu vergleichen sei und deshalb kein Versicherungschutz besteht.
Happy End vor dem Obersten Gerichtshof
Vor Gericht teilten die Richter der ersten beiden Instanzen die Ansicht der Versicherung, wobei die zweite Instanz meinte, dass "die vom Kläger ausgeübte Sportart „Senkrechtklettern" besonders gefahrenträchtig sei und mit einem erhöhten Risiko für Leib und Leben verbunden ist" und dass er dies bei Vertragsabschluss bekannt geben hätte müssen.
Die letzte Instanz (der oberste Gerichtshof) war jedoch wieder auf der Seite des Klägers (Kletterer) und meinte, dass nicht alle gefährlichen Sportarten automatisch durch die Aufzählung einiger Beispiele als Sonderrisiko einzustufen seien, das Klettern auch nicht in Art 18 Z 1 AUBV 1995 genannt ist. Das Nichtbekanntgeben des Kletterns bei Vertragsabschluss war für den Obersten Gerichtshof auch kein Grund die Versicherung von ihrer Leistung zu entbinden.
Tipps
Trotz des Happy Ends für die Kletterer raten wir bei Neuabschlüssen von Unfall- oder Lebens- versicherungen genau auf diesen Punkt zu achten. Gleiches gilt für im nachhinein geänderte Versicherungsbestimmungen, die man vom Versicherer zugesandt bekommt - manche Versicherungen differenzieren auch zwischen Klettern und Wasserfallklettern!
Webtipp
Die OGH Entscheidung vom 11.5.2005 im Volltext OGH Entscheidung - 7Ob30/05w