Die Hochschwabgruppe mit ihren endlosen Weiten zählt zu den bedeutenden Gebirgsgruppen Ostösterreichs. Der Hochschwabkalk ist für seine Qualität berühmt und auf dem weiten Karstplateau sammelt sich auch das Wiener Hochquellwasser. Zum Wandern ein Paradies und klettern kann man am Schwab natürlich auch. Die Zustiege sind aber generell im Verhältnis zur Länge der Kletterrouten lang, bis sehr lang:-).
Die steilen Wände der Messnerin, des Festlbeilsteins, Großen Beilsteins, Stangenwand, Schartenspitze und natürlich die berühmte Hochschwab Südwand bieten viele Mehrseillängen-Kletterrouten, Klassiker und neue gut abgesicherte Plaisirrouten, die wir euch hier gerne in einem kleinen Kletterführer vorstellen wollen.
Die Hochschwab-Klettereien von Seewiesen aus
Von Seewiesen bietet sich die neu erbaute Voisthaler Hütte als guter Stützpunkt an. Bereits auf dem Weg zur Hütte sticht rechts die rd. 400 m hohe Höllmauer mit Klassikern wie den Kasparek-Pfeiler, dem Hauseggerpfeiler, Windspiel und Glockenspiel ins Auge, diese Touren sind lang, ernst und verlangen einen erfahrenen Kletterer. Für Genusskletterer findet sich rechts des Stangenkars die Route Happy Birthday. Eine sehr gut gesicherte, genussvolle Plaisir-Kletterroute, aber auch etwas gesuchte Kletterei in meist sehr gutem Fels.
Die Voisthaler Hütte ist auch der Stützpunkt für die Kletterrouten an der Hochschwab Südwand oder im Schwabenkar. Wer am Vortag gemütlich von Seewiesen in 2,5 Stunden auf die Hütte geht, kann noch quasi an den Hüttenbergen, Karlmauer und Edelspitzen einige schöne leichte und schattige Kletterrouten machen. Die Karlmauer Nordwand mit Schwierigkeit UIAA 3 lädt für den Nachmittag ein, oder lässt sich als größer Unternehmung mit der Edelspitzen Überschreitung (275 m, 3+) verbinden. Etwas schwieriger, aber nicht minder lohnend ist hier noch die Route Waiblkante (130 m, 4-).
Die Hochschwab Südwand
Die Wand der Wände des Hochschwabmassivs führt zwar auf den höchsten Hochschwab Gipfel, die Einstiege wollen von Tal aus aber auch erst mal erreicht werden. Vom Bodenbauer rund 3 Stunden und von Seewiesen aus – ohne Voisthaler Hütte – sogar 3,5 Stunden. Die Wandhöhe ist mit ihren rund 250 Meter Wandhöhe jetzt auch nicht gerade extrem hoch, dafür ist der Fels großteils plattig und schön. Die Absicherung der Kletterrouten ist unterschiedlich und auch oft schlecht. Die lohnendsten und oft auch durchaus gut gesicherten Kletterrouten von links nach rechts in der Südwand sind:
- Traumfenster (385 m, 6-/6)
- Zauberlehrling (385 m, 6+)
- Baumgaratnerweg (330 m, 3)
- Lufthammer (290 m, 6-)
- Himmelsleiter (300 m, 5-)
- Güntherweg (330 m, 5)
- St. Ilgnerweg (330 m, 5+)
Den Rest kann man nicht vergessen, auch Klettereien wie z.B. Reif für die Insel bieten schöne Klettermeter, die Absicherung ist hier aber schlecht.
Schwabenkar
Rechts von der Südwand wurden wohl eigens für den Hochschwab Kletterfüher die Plattenfluchten des Schwabenkars erschlossen. Das Ergebnis ist mit Routen wie Alpenglut (495 m, 5-) , 90plus (350 m, 6) oder Terra Incognita (400 m, 6), sie ist noch die beste Klettertour hier, überschaubar. Die Routenqualität kann hier mit den klingenden Namen der Touren nicht ganz mithalten.
G‘hackstein
An den Südwänden des G‘hackstein gibt es drei lange und auch lohnende Genussrouten von Hannes Pichler und Matthias Pilz. Bei den Routen Plüschkückenparade (230 m, 5+), Catwalk (435 m, 7-/7), Glückskind (600 m, 6) und Zaglruns‘n (230 m, 5+) hält der Fels hinsichtlich Qualität locker mit den Routennamen mit. Die Klettereien sollen aber auch hier hinsichtlich ihrer Länge in Verbindung mit den langen Zu- und Abstiegen nicht unterschätzt werden.
Das Wasserrillenwunder Wetzsteinplatte
Wer an richtig schönen und langen Wasserrillen emporschleichen möchte, der muss einer oder mehrere der rund 10 Routen in der Südwand des Wetzsteinkogels gehen. Kletterrouten wie
- Wetzscheinplatte (340 m, 6-)
- Via Renata (305 m, 6)
- Huibuh (280, 7-)
- Supermaus (265 m, 7-)
bieten Wasserrillenkletterei der Extraklasse, rechts von der eigentlichen Platte waren mit Land of our Fathers und Internationale noch zwei weitere gute Pichler touren.
Stangenwand und Beilstein
Die Stangenwand thront über der Wetzsteinplatte und dem Rauchkar und wird schon seit über 100 Jahren von Kletterern besucht. 1938 hinterließen Schinko und Gefährten mit der Stangenwand Südost (320 m, 7) einen alpinen Klassiker, der auch heute noch zu den anspruchsvollen Touren am Schwab zählt. An der Südwestseite wollen wir noch die Routen Standkinder (475 m, 6+) und Renaissance (330 m, 7+) hervorheben. Beides zwei sehr lohnende Routen. Wer es leichter will, der kann die Bauernhochzeit (540 m, 5-) besuchen und beim Klettern daran denken, dass die Ostschlucht auch im Winter ein beliebtes Ziel ist.
Am Beilstein gibt es auch einige sehr gute Kletterrouten. Allen voran die Tour von Peter Pesendorfer Nimmerland (340 m, 7). Sie ist vielleicht die allerbeste Hochschwabtour überhaupt, bietet wirklich perfekte Kletterei und ist auch gut gesichert. Rechts daneben wartet mit der Beilstein Ostkante der echte Klassiker im 4ten Grad. Auch hier sehr, sehr guter Fels, aber alpine Absicherung.
Ausweichkogel
Ein perfektes Kletterziel, wenn das Wetter für lange Hochschwab-Kletterrouten zu unsicher oder zu kalt ist. Am Beginn des Rauchtals wurde ein schönes Platten-Klettergebiet mit 6 Mehrseillängen-Kletter-Routen geschaffen, das perfekten Hochschwab-Kalk und sehr gute Absicherung bietet. Plaisir ist hier Trumpf. Alle Infos unter Ausweichkogel Westwand.
Hundswand, Zinken, Messnerin und Festlbeilstein
Beim Zustieg vom Bodenbauer kommt man unweigerlich an der Hundswand vorbei. Links bietet sicher aalglatte Plattenrouten wie z.B. die Route Rabenvieh (165 m, 8-) oder den Klassiker Bodenbauerweg (400 m, 8 oder 6 A0) und im Bereich der Überhänge die Kletterroute Highway (200 m, 7). Am vom Bodenbauer aus gut sichtbaren Zinken kann man das Zinken Echo (645 m, 6+ ) und die schwere Hinter den Kulissen (250 m, 8) hervorheben. Bei letzterer ist der Zustieg durch senkrechte Wiesen und Latschen nicht zu unterschätzen, Infos auf www.bergsteigen.com
Die Messnerin erreicht man auch gut vom grünen See, wo es mit der Stockerwand den vielleicht einzigen echten Klettergarten im Hochschdwabmassiv gibt. Am Berg selbst warten mit dem Porzelanpfeiler (250 m, 7+) und Rien ne va plus (140 m, 8) zwei anspruchsvolle Kletterrouten. Wer in den unteren Graden unterwegs ist und das alpine Abenteuer sucht, dem sei der Felsenfenster Normalweg (900 m, 3) von Tragöss zum Gipfel empfohlen.
Am formschönen Festlbeilstein warten die klassische Feltlbeilstein Westkanten Überschreitung (645 m, 5) und wer noch nicht genug hat kann auf der Oblivion (545 m, 5+) bis zum Karlspitz weiterklettern.
Dann gibt es noch die Schartenspitze mit ihren guten west- und nordseitigen Touren und die einsame Hochschwab Nordseite mit den schwierigen Touren im Kanlergraben z.B. Om (160 m, 8+) und einer wirklich noch hervorzuhebenden Tour am Hochgang. Gordis Magic Line (620 m, 6/6+) bietet sehr guten Fels und auch gute Absicherung.
Natürlich könnten wir hier noch endlos weiterschreiben und weiterklettern, so wie es Peter Pesendorfer und Rüdiger Hohensinner 2020 mit ihren Südseiten Genusskletter Marathon gemacht haben. Sie kamen dabei auf 1400 Klettermeter mit Schwierigkeiten bis UIAA 7. Wir stoppen aber und laden euch auf www.bergsteigen.com unter Klettern – Hochschwab-Gruppe selber zum Schmökern ein, es warten dort über 100 Mehrseillängen Kletterrouten.
Vorsicht bei Schlechtwetter am Hochschwab
Das Hochschwab-Massiv ist insbesondere im Gipfelbereich durch eine Plateaulandschaft gekennzeichnet. Bei Schlechtwetter und schlechter Sicht ist die Orientierung abseits der markierten Wanderwege sehr schwierig bis unmöglich. Deshalb empfehlen wir unbedingt ein GPS Gerät (volles Handy reicht) mitzunehmen, entweder den Track der geplanten Tour runterzuladen oder den aktuellen Track aufzuzeichnen. Das hat uns schon mal das Leben gerettet.
Anreise, Unterkunft und sonstige Aktivitäten
Unterkünfte: Aufgrund der lagen Zustiege eigentlich nur die Hütten am Berg. Campen kann man im Norden bei Wildalpen, vor Tragöss gibt es einen Campingplatz beim Freizeitsee Zenz und im Osten einen bei Seebach.
Anreise: Mit dem Auto von Süden, Westen und Osten über die S6 bis Kapfenberg und weiter zum Bodenbauer oder nach Seewiesen. Die Parkplätze sind bei den hier beschriebenen Klettertouren mit GPS Koordinaten versehen und mit Routenplaner von Google Maps verknüpft.
Kletterführer: Es gibt auch einen Kletterführer in Papierform. Darin werden sehr viele, oft sehr schlecht gesicherte Routen beschrieben. Das eher unhandliche und extrem schwere Buch ist mit rd. 50.-Euro auch sehr teuer und man unterstützt mit dem Kauf den Co-Autor Th. Behm. Die Topos und Wandbilder sind gut und stimmen durchwegs, GPS Tracks oder Punkte gibt es aber keine. Die wichtigsten Touren findet ihr auf bergsteigen.com unter
Touren-→Klettern-→Hochschwab Gruppe
Die Kletterrouten hier haben Topos, Übersichtsbild und GPS Daten und ihr könnt nach Länge und Schwierigkeit filtern. Jedes Jahr kommen viele neue Klettertouren im am Hochschwab dazu:-)!
Bergrettung: Ist über den „Alpin-Notruf 140“ zu erreichen. Falls man kein Netz hat, bitte aus allen Netzen die internationale Notrufnummer 112 wählen!
Was kann man am Hochschwab sonst noch tun? Wandern, wandern und nochmal wandern, im Sommer auf der Salza im Norden sehr Kajak fahren oder raften. Wer, oder einfach nur die wundervolle Natur genießen. Wer mal richtig gut speisen möchte, kann einen Abstecher auf den Pogusch machen, dort findet sich ein günstiger Ableger des weltbekannten Steierereicks.
Kurioses: Sogar H. Kickl hat am Hochschwab Spuren hinterlassen, gemeinsam mit Th. Behm eröffnete er die Route Geheimer Schwob. Im Führer steht unter Erstbegeher allerdings nur Th. Behm und Gefährten;-).