Am Samstag, dem 23.02.2013 ist es soweit und Georg Santner steht nach 55 Minuten reiner Kletterzeit gegen halb zehn am Ausstieg des 315 m hohen Wasserfalles „Mordor“ im Gasteinertal. Eigentlich ein „normales“ Wochenende für Georg – ist er doch meist im Gasteinertal „im Eis“, wenn das Wetter und die Verhältnisse mitspielen.
Diesmal ist es anders
Es fühlt sich anders an, Georg lächelt zufrieden und er muss mit seinen Tränen kämpfen. Nach kurzem Innehalten, Durchatmen und Realisieren, was gerade geschehen ist, hallt ein Jubelschrei durch das Tal.
Ganz allein und ohne Sicherungen - „free solo“ durch den massiven Eispanzer „Mordor“.
Allein der Name flößt Respekt ein. Der Wasserfall hat ca. 250 m steiles, zum Großteil senkrechtes Eis und weist eine Schwierigkeit von WI 5/5+ auf. Nach dem steilen Mittelteil kommt noch eine ca. 50m lange Ausstiegspassage bis man wirklich oben steht und entspannt den Ausblick genießen kann.
Neben der hohen physischen Anstrengung ist es eine unglaubliche Leistung über eine so lange Zeit, die Konzentration, den Fokus und die entsprechende Nervenstärke zu bewahren, die für eine solche Begehung notwendig ist.
In den letzten Jahren „sammelte“ Georg hunderte Eismeter mit seinen Seilpartnern und kletterte dabei alles was der Pongau so hergibt. Er eignete sich sowohl die technischen und körperlichen Voraussetzungen an, als auch die nötige Erfahrung, um Verhältnisse entsprechend zu beurteilen und Risiken abschätzen zu können.
Heuer ist er motivierter als je zuvor. Immer wieder fährt er nach Gastein und immer klarer wird die Idee einen der Eisfälle „free solo“ zu begehen. Am letzten Freitag klettert er mit einem Freund den Wasserfall „Supervisor“ (250m WI6) direkt neben „Mordor“. Die Bedingungen sind perfekt, er ist in körperlicher Höchstform und ihm ist klar, dass die Zeit gekommen ist.
Am Samstag frühmorgens packt er seinen Rucksack fährt allein nach Gastein, wo er in aller Ruhe ins Anlauftal spaziert. Zwei Seilschaften aus der Slowakei sind bereits vor Ort und starten gerade in die erste Seillänge. Bereits nach wenigen Metern überholt Georg mit einem freundlichen „Guten Morgen“ die verblüfften Kletterer. Alles stimmt, er fühlt sich großartig.
An dieser Stelle ein Dankeschön an František Šimko, der uns seine Fotos zur Verfügung gestellt hat
Santner Georg ist in der Eiskletterszene kein unbeschriebenes Blatt mehr. Auch auf einigen Wettkämpfen konnte er schon groß aufzeigen. Vizestaatsmeister 2009, Sieger beim Urban Ice Gastein 2012, Zweiter beim Urban Ice 2013, und zuletzt holte er sich in Unken beim Glace Glisse den Salzbuger Eisgildenmeistertitel. Seine wahre Leidenschaft aber gilt dem alpinen Wasserfallklettern.
Eine solche Unternehmung ist nur durch eine aufwendige Vorbereitung, das heißt viele, viele schwere Touren und die nötige mentale Stärke, möglich. Diese Vorbereitung hat der 27-jährige durchgezogen und sich dadurch die erforderliche Sicherheit in der Materie Eis angeeignet. Aber auch Georg weiß ein Restrisiko bleibt immer!
Georg lässt noch einen großen Dank ausrichten an alle seine Seilpartner die ihn in seiner Vorbereitung begleitet haben.
Auf diesem Wege noch einmal GRATULATION von deinen 5cplus-Vereinskollegen und von Camp4 Bergsport zu dieser herausragenden Leistung!
Text: Huber Rupert - Obmann Alpinverein 5c+