Vom 3. bis 6. April war es wieder einmal so weit, unter den sechs Nominierten sollte die ehrgeizigste, kreativste, ästhetischste, mutigste und abenteuerlichste Bergtour des Jahres gekürt werden.
2009 wurden aus dem Piolet d'Or die Piolets d'Or im Plural. Seitdem können verschiedene Goldene Eispickel vergeben werden – insbesondere der Piolet d'Or Carrière als Lifetime Award für das Lebenswerk eines Bergsteigers – um den verschiedenen wichtigen Facetten des Alpinismus Rechnung zu tragen. Die Charta der Organisatoren wurde deutlicher ausformuliert, um ganz bewusst das Ideal des Alpinstils zu fördern.
2012 war ein außerordentliches Jahr mit richtungsweisenden Besteigungen, in denen die Werte der Piolets d'Or zum Ausdruck kamen. Es fiel der Jury schwer, die Liste auf sechs Nominierungen zu reduzieren, doch die aus mehreren Dutzend Expeditionen des Jahres 2012 ausgewählten Besteigungen sind aufgrund der Werte, für die sie stehen, besonders bemerkenswert.
Ob die Route nun bis auf 6000 Meter führte oder einer langen Gratlinie zu einem Achttausendergipfel folgte, ob es sich um einen legendären Berg oder eine ferne Neuentdeckung handelte – diese sechs Begehungen hatten eines gemeinsam: sie waren Überschreitungen, bei denen der Abstieg über eine andere Route als der Aufstieg erfolgte, und jede Besteigung entsprach einem sehr hohen alpinistischen Schwierigkeitsgrad.
Angesichts der außergewöhnlichen Qualität der sechs gewählten Expeditionen hat die Jury
2013 unter dem Vorsitz von Stephen Venables einstimmig beschlossen, dieses Jahr für jede
der sechs nominierten Besteigungen einen Piolet d'Or zu verleihen, um dadurch den
Schwerpunkt auf die Vielfalt der alpinistischen Erfahrungen zu legen.
Die nominierten Gewinner
Kyashar (6770 m), Nepal
Die begehrte Linie war das Ziel von mindestens sieben früheren Expeditionen. Die Erstbeghung des 2200 m hohen Südpfeilers gelang im besten technischen alpinen Stil vergangenen Herbst. Tatsuya Aoki, Yasuhiro Hanatani und Hiroyoshi Manometer (Japan) brauchten sechs Tage, um diese elegante Linie auf den Gipfel zu klettern und ihnen gelang die erst zweite bekannte Besteigung des Berges. Der Knackpunkt der Tour war am Grat, die drei stiegen über den Westgrat wieder ab. mehr
Muztagh Tower (7,284m), Pakistan
Viel diskutiert, aber nie zuvor versucht, der 2.000 m hohe Nordostgrat dieses formschönen Karakorum Gipfels nahm die Russen Dmitry Golovchenko, Alexander Lange und Sergey Nilov (Russland) 17 Tage in Anspruch. Die drei kletterten im alpinen Stil, nahmen einen großen Haulbag mit Lebensmitteln und Benzin mit. Eine Strategie, die es ihnen erlaubte, Schlechtwetterphasen in der Wand auszusitzen. Als technische Crux erwies sich die sehr steile Felsenbarriere zwischen 6.600 m und 6.900 m. Ausgehende Lebensmittel und Schlechtwetter vereitelten aber den Gipfelsieg und zwang sie über die Nordwand abzusteigen. mehr Siehe auch Video ganz unten.
Baintha Brakk (a.k.a The Ogre, 7,285m), Pakistan
Der Ogre ist einer der berühmtesten Berge der Welt, noch bis zum vergangenen Jahr war er nur zweimal, und, trotz vieler Versuche nie aus dem Süden erstiegen worden. Kyle Dempster, Hayden Kennedy und Josh Wharton (USA) wählten eine schlaue Line über den Südostgrat, die Südostwand und schließlich die Südwand. Die Querung in die Südwand war extrem heikel und führte in schwieriges Mixed Gelände. Von einem Biwak auf 6.900 m erreichten Dempster und Kennedy den Gipfel und mussten dann den schwierigen Abstieg mit dem kranken Wharton meistern. Einen langen Bericht gibt’s hier
Nanga Parbat (8.125 m), Western Himalaya, Pakistan
Der komplette Mazeno Ridge vom Nanga Parbat war zweifellos eine der berühmtesten unbestiegenen Linien auf den großen Gipfeln des Karakorum / Himalaya. Der Grat wurde von einigen der weltbesten Bergsteigern mehrmals versucht. Es ist wohl der längste Grat auf einem der 8.000er, 10-13km lang.Die Himalaya Veteranen Sandy Allan und Rick Allen (UK) begleitet für einen Großteil der Tour von Cathy O'Dowd (S Africa), Lhakpa Rangdu Sherpa, Lhakpa Zarok Sherpa und Lhakpa Nuru Sherpa (Nepal) wählten einen pragmatischen Ansatz und akklimatisierten sich erst auf dem ersten Abschnitt des Grates. Auf 7900 gaben alle bis auf Allan und Allen auf. Das britische Paar erreichte schließlich durch die Nordflanke den Gipfel und machte einen schwierigen Abstieg über die Normalroute an der Nordflanke und erreichte das Basislager nach 18 Tagen. mehr
Kamet (7.756 m), Indien
Kamet ist der höchste Berg in Indien, für den es zur Zeit möglich ist, eine Genehmigung zu erhalten. Die ca. 2.000 m hohe Südwestwand war zuvor unversucht. Nach Errichtung eines vorgezogenen Basislagers ketterten Sébastien Bohin, Didier Jourdain, Sébastien Moatti und Sébastien Ratel (Frankreich) im Alpinstil, in fünf Tagen durch die Wand. Sie fanden ausgezeichnete Bedingungen mit einer Abfolge von steilen Schneefeldern und steilem Eis vor. Nach einem Biwak auf dem Südgrat auf 7.500 m traf das Team am Gipfeltag auf unerwartete Schwierigkeiten mehr.
Shiva (6.142 m), Indien
Eleganz steht für die Traverse an diesem Berg östlich von Kishtwar. Sie beginnt am pfeilerartigen Nordostgrat, genannt Bug der Shiva, gefolgt von einem Abstieg über den Südgrad. Es war erst die fünfte bekannte Besteigung des Berges. Mick Fowler und Paul Ramsden (UK), 2003 Empfänger eines Piolet d'Or, absolvierten eine Traverse in einer neuntägigen Runde vom Basislager. Sie trafen auf schwierige Kletterei am Bug, die aus zahlreichen Seillängen an vereisten Rissen ungesichert wie am Ben Nevis empor führten mehr.
Cerro Torre Award
Zusätzlich zu den sechs Gewinnern hat die Jury der Piolets d'Or eine 'Besondere Auszeichnung' für zwei symbolisch und historisch bedeutende Begehungen am Südost-Grat des Cerro Torre zu Beginn des Jahres 2012 ausgesprochen.
Die Gründe für diese Entscheidung : Nach der Erstbesteigung des benachbarten Fitz Roy im Jahre 1952 beschrieb der Franzose Lionel Terray den Cerro Torre als einen "unmöglichen Berg", ein passender Ausdruck für die eisbedeckte, über 1000 Meter hohe Felsnadel, die er vor sich sah. Unmöglich, weil sein Verständnis von Alpinismus die Bereitschaft voraussetzte, sich auf die natürlich gegebenen Schwierigkeiten des Berges einzulassen.
Im Jahre 1970 hat Cesare Maestri am Südost-Grat über 300 Bohrhaken gesetzt und damit den Charakter dieses wilden und spektakulären Berges dauerhaft verändert. Im Januar 2012 kletterten Hayden Kennedy und Jason Kruk den Südost-Grat "by fair means". Im Abstieg entfernten sie viele der Bohrhaken und machten damit den ersten Schritt, die natürlichen Schwierigkeiten des Berges wiederherzustellen und ihn in seinen ursprünglichen, nicht kontroversen Zustand zurück zu versetzen.
Wenige Tage später bewältigten David Lama und Peter Ortner mit einer Rotpunkt-Begehung des Südost-Grates eine noch größere Herausforderung mehr.