29 Juli 2018

Caro North - Erstbegehungen in Minialaska

Caro North verbringt den Winter in Argentinien und hat in Frey ein tolle Kletterparadies entdeckt….

31.12.2017, wir klettern in der Sonne auf bestem Granit in Rissen und Verschneidungen ins Ungewisse. Denn vor uns hat noch niemand diese Linien begangen, obwohl sie nur 2h vom Refugio Frey entfernt sind, einem der bekanntesten Klettergebiete Argentiniens. Wir können an diesem Tag 4 neue Linien eröffnen und dies ist nur ein Bruchteil des Potenzials, was hier noch wartet. Ich kann es nicht glauben, denn in Europa lassen sich solche Täler mit so viel unbegangenem Fels nicht mehr finden. Nur eine Route aus dem Jahr 93 ziert eine der zahlreichen Felsnadeln, der Rest ist unbeklettert.

Vor uns hat noch niemand diese Linien geklettert

Während ich sichere und meinen Blick über das Tal schweifen lasse, wird mir immer bewusster, dass ich hier Routen erstbegehen möchte, gemeinsam mit meinen argentinischen Freunden. So fälle ich am letzten Tag des Jahres die Entscheidung nicht meinen Rückflug Ende Januar anzutreten, sondern länger in Patagonien zu bleiben.

Das ist der Beginn eines unglaublichen Sommers, in dem grosse Freundschaften entstehen und wir über 55 Routen erstbegehen können.

Unser Tal wird im Winter von den Skifahrern Minialaska genannt, weshalb wir auch diesen Namen verwenden. Unser Camp schlagen wir an einem idyllischen Fleck auf: Zwischen Blöcken, durch die ein glasklarer Fluss fliesst. Das Wetter ist so gut, dass wir unter freiem Himmel schlafen und das grossartige Sternenzelt über uns geniessen. Während nur ein paar Stunden entfernt, der Sommertourismus boomt und sämtliche Wanderer unterwegs sind, sind wir hier ganz alleine in "unserem Tal" und können die Natur in ihrer vollen Wildheit und Schönheit geniessen.

Wir verbringen den ganzen Januar damit hier Routen zu erschlieesen

Jeden Morgen werden wir von der Wärme der Sonnenstrahlen geweckt, trinken unseren Mate und suchen uns aus, welche Linie wir nun erstbegehen. Ein Paradies, das jedes Kletterherz höher schlagen lässt. Die Linien werden charakterisiert durch Risse, Verschneidungen und Platten. Wir erstbegehen von unten, so viel wie geht nur mit mobilen Sicherungsgeräten. Und oft sind wir überrascht wie sich Absicherungsmöglichkeiten finden lassen, die wir nicht erwartet hatten. Wenn sich nichts finden lässt setzen wir Bohrhaken aus der Kletterstellung oder an wackeligen Hooks oder klettern weit über die letzte Sicherung hinweg. Unsere Motivation ist unermüdlich und so verbringen wir den ganzen Januar damit hier Routen zu erschliessen und diese dann sturzfrei zu klettern. Dies erfordert viel Energie und so klettern wir meist 4-5 Tage in unserem Tal, steigen dann ab um Essensnachschub zu holen und 1-3 Tage auszuruhen, bevor wir wieder aufsteigen.

Wir sind eine Gruppe argentinischer Kletterer aus Bariloche, in die ich mich eingefügt habe. Es entsteht eine unglaublich starke Freundschaft zwischen uns allen und wir leben einen Traum. Oft sitzen wir abends beieinander, reden, schwärmen von unseren neuen Routen und lauschen den Gesängen der Gitarre. Zum Teil kommt die Gitarre mit in die Wand und für Vollmond klettern wir alle auf den Gipfel einer freistehenden Felsnadel, nach ihrer Form ET benannt, und ziehen dort Gitarre, Biwakzeug und eine Melone hoch. Um auf den Gipfel zu gelangen, erstbegehen wir einfach 2 Längen besten Granit mit Rissen und einem Dach. Die Routen hier sind zwischen 2-4 Seillängen und wir richten Abseilpisten von allen Felsnadeln ein und benennen diese, denn die meisten waren bisher namenlos. So entstehen zahlreiche neue Seillängen von unglaublicher Qualität und unterschiedlichen Schwierigkeiten bis ca. 7b an den Felsnadeln Gordo, Ciego, Chino Bateador, ET, Mini-ET, Indomnita oder Hermanita. Damit geht ein toller Sommer in Argentinien zu Ende.

Text: Caro North; Quelle: mammut.com/stories Bilder & Video: Alan Schwer

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