"La Strada", Große Zinne Nordwand (c) Archiv Simon Gietl
11 Mai 2018

La Strada

Siemon Gietl, Thomas Huber und Rainer Treppte gelingt die wahrscheinlich erste Wiederholung der schwierigen Polenroute an der Großen Zinne.

Siemon Gietl, Thomas Huber und Rainer Treppte gelingt die wahrscheinlich erste Wiederholung der schwierigen Polenroute an der Großen Zinne. Hier Simons Bericht.

„Während der Erstbegehung unserer Route „Das Erbe der Väter“ im Sommer 2016 war uns bereits klar, dass sich  rechts derselben die polnische Route Namens „La Strada“ befinden sollte. Als wir im Laufe der Erstbegehung den zweiten Standplatz eingerichtet hatten, konnten wir den Wandbereich rechts unserer Neutour genauestens begutachten. Was wir sehen konnten, überraschte uns allerdings sehr. Sehr Viele Haken, darunter alte Bohrhaken zierten den gelben Wandbereich. Am Ende der ziemlich gerade hoch verlaufenden Hakenleiter befand sich ein Materialdepot mit Hammer, Friends und Karabiner. Darüber hinaus war noch ein altes Seil ca. 20 Meter oberhalb des Materialdepots fixiert. Die Haken, an dem das Seil fixiert war, markierte das Ende des Erstbegehungsversuchs. Darüber konnten wir keine Erstbegehungsspuren mehr erkennen. Für uns war klar, dass der Versuch hier zu Ende war. Diese Route, die nach knappen 80 Meter endete, warf viele Fragen auf.

"La Strada", Große Zinne Nordwand (c) Archiv Simon Gietl
"La Strada", Große Zinne Nordwand (c) Archiv Simon Gietl
"La Strada", Große Zinne Nordwand (c) Archiv Simon Gietl
"La Strada", Große Zinne Nordwand (c) Archiv Simon Gietl
"La Strada", Große Zinne Nordwand (c) Archiv Simon Gietl
"La Strada", Große Zinne Nordwand (c) Archiv Simon Gietl
Rainer Treppte, Thomas Huber und Simon Gietl nach der ersten Wiederholung (c) Archiv Simon Gietl

Nach erfolgreicher Erstbegehung der „Erbe der Väter“ drehten sich meine Gedanken dennoch immer wieder um diesen Erstbegehungsversuch und der Route „La Strada“. Demzufolge versuchte ich genaue Informationen über diese Route aus den 80er einzuholen. Hilfreiche Tipps und Wissenswertes über die Route konnte mir Jacek Matuszek geben. Ein detailreiches Topo und Angaben bezüglich Schwierigkeiten und Seillängen ließen den Entschluss reifen, die Route zu versuchen, und Gewissheit über den Wandteil rechts der „Erbe der Väter“ zu erlangen. Jacek berichtete mir dabei auch, dass es in den frühen 90er Jahren einen Wiederholungsversuch der „La Strada“ gegeben haben sollte. Dieser endete angeblich aber bereits nach der 2. Seillänge. Also gab es vermutlich noch keine Wiederholung der „La Strada“. Der Reiz die Route zu probieren wurde deshalb nochmals größer.

Das polnische Abenteuer

Meine Seilpartner waren von der Idee, sich auf das polnische Abenteuer einzulassen, fasziniert und wir gingen das Projekt begeistert an. Ende April war es schließlich soweit. Dank der genauen Routenskizze konnten wir den Einstieg der Route und deren Verlauf gut finden bzw. folgen. Dennoch wurde uns bereits von Beginn an vor Augen geführt, dass es sich um eine sehr anspruchsvolle alpine Kletterei handelte. Kaum fixes Material, splittriger Fels und immer wieder feuchte Wandstellen gestalteten das polnische Abenteuer noch heikler. Immer wieder konnte man auch erkennen wo die Erstbegeher Haken geschlagen und dieselben wieder entfernt hatten. Unnatürliche Löcher in Felsrissen mit rostigen Rändern zeugen davon. An zahlreichen Stellen mussten wir loses Gestein entfernen. Es glich beinahe einer Erstbegehung mit bereits vorhandenem Topo. Äußerst anspruchsvoll und delikat gestaltete sich jede einzelne Seillänge. In zwei Tagen (28. und 29. April) kamen wir zum oberen Biwakplatz. Aufgrund eines Schlechtwettertages am 30.April konnten wir die Route erst am 1. Mai fertig klettern. Die letzten drei Seillängen im grauen Fels verlaufen über eine logische Kante bis zum Ringband. Ebendiese sind die einzigen Seillängen, die sich die Routen „La Strada“ und „das Erbe der Väter“ teilen. Ansonsten berühren oder kreuzen sich die zwei Routen nie. Bis auf wenige Meter weist die „La Strada“ eine logische Linienführung auf. Wenige Normalhaken und Bohrhaken, deren Fesitigkeit man nur sehr schwer einschätzen kann,  verleihen dieser steilen und sehr alpinen Kletterei in sehr heiklem Zinnendolomit einen außerordentlichen Charakter.   Es war eine sehr Erlebnisreiche Begehung  mit  Erstbegehungscharakter. Den Bewertungsvorschlag laut Topo 7 (Anm.: VI+, da das damals der höchste Grad war) A2 konnten wir bestätigen. Die verwegene und anspruchsvolle alpine Route spiegelt die herausragende Leistung der Erstbegeher wieder.“

Text Simon Gietel

La Strada - Bericht der Erstbegeher:

Anfang September sind wir während des „Lodz“-Sportlagers den neuen Nordwandweg "Cima Grande di Lavaredo" gegangen.

Der Weg führt über einen hervorragenden Pfeiler im rechten Teil der Wand, zwischen dem Weg Comici und der Abram/Schrott (Anm.: Große Zinne-Nordwestverschneidung „Abram-Schrott-Führe“, VI-/A2,400 HM). Der Einstieg in die Wand befindet sich etwa 100 m rechts der Comici-Führe, in der Falllinie es Pfeilers. Die ersten sieben Seillängen verlaufen entlang einer überhängenden Wand, kreuz und quer übersähet mit Überhängen und Kanten zu zwei großen Platten(Absatz) rechts vom Rand des Pfeilers. Dort befindet sich eine Biwakplatz auf der Route Abram/Schrott, obwohl von der Pfeilerkante bis dorthin einige zehnte Meter lange Querung führt. Von dem Zweiplatten-Absatz führt der Weg in einer Kurve zum Pfeiler und läuft direkt an der Kante und durch die Verschneidungen an der Pfeilerkante- bis zu den Bändern vor dem Gipfel der Cima Grande. Wir brauchten vier Tage. Am 1. und 2. August haben wir die ersten 100 Meter eingerichtet. Die nächsten paar Unwetter Tage haben wir abgewartet. Am 6. August stiegen wir erneut in die Wand ein. Wir hatten Wasserreserven für max. 4 Tage. Die Felsenwand hat uns freundlich aufgenommen und nach einem Biwak (Regen) waren wir bereits am 7. August am Abend wieder unten zurück.

Zusammenfassend: 40 Stunden am Weg, 2 Doppelseile, 1 Abseilseil, 70 Karabiner, 60 div. Haken, 10 jedynek(???), ein Stopper-Set, Hexentriks, 4 Friends. Den Weg haben wir „La Stada“ genannt, gewidmet dem Lech Skarzynski „Kursant“. Die Tatsache, dass die perfekte (hervorragende) Formation in der bekannten Wand bisher keine Route hatte, überraschte sogar die Bergexperten. Piotr Edelman und Jan Fialkowski

FOTO: Nordwand Cima Grande die Lavaredo mit Weg und Biwak der Lodz-Gruppe. Rechtes Pfeil zeigt die Richtung der Nordwestverschneidung (Jose M. Anglada und Juan Cerda 1966) Foto: Jozef Nyka


Routeninfo La Strada

Video "Das Erbe der Väter"